XTB | Erdgaspreise 2024: Warum Europa von steigenden US-Kosten profitieren könnte
Jens Klatt, Analyst beim Online-Broker XTB
Investmentfonds.de | Berlin, 1. Oktober 2024 – Der Oktober und der November sind typischerweise die volatilsten Monate für Erdgaspreise. 2024 bildet da keine Ausnahme. Es ist die Zeit, in der Investoren ihren Fokus von der Sommersaison auf die Heizsaison verlagern, auf die sich der gesamte Markt praktisch das ganze Jahr vorbereitet hat. Obwohl die Nachfrage nach Strom, der aus Gas erzeugt wird, in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist, übersteigt der Erdgasverbrauch im Winter die Produktionskapazität erheblich. Deshalb zeigt uns der Füllstand der Lagerbestände kurz vor Beginn der Heizsaison, ob wir uns sicher fühlen können oder ob eine Situation wie 2021 und 2022 auftreten könnte, als der Gasmarkt aufgrund der Handlungen Russlands, die Versorgung Europas einzuschränken und später den Krieg in der Ukraine zu beginnen, enorme Volatilität erlebte. Was wird als nächstes mit den Gaspreisen in den USA und Europa geschehen? Worauf sollten Investoren achten? Ist teureres Erdgas in den USA ein Problem für europäische Verbraucher, oder ist es eher von Vorteil?
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Die Heizsaison steht vor der Tür
Der Beginn der Heizsaison in Europa und den USA findet normalerweise Anfang Oktober statt. Zu diesem Zeitpunkt wird weniger Gas in die Speicheranlagen eingespeist, als aus den Lagern entnommen wird. Der Füllstand der Speicher vor Beginn der Heizsaison und die Entnahmerate des Gases aus den Lagern haben einen großen Einfluss auf die Preisbewegungen.Das ist der aktuelle Stand der Erdgaslager in Europa:
Die europäischen Speicher sind derzeit zu fast 94 % gefüllt. Dies liegt leicht unter den Werten von 2019, 2020 und 2023, was auch darauf zurückzuführen ist, dass der Druck, die Bestände aufzufüllen, geringer ist, da die Nachfrage deutlich niedriger ist als zuvor. Gleichzeitig liegt der Lagerbestand über dem 5-Jahres-Durchschnitt, der derzeit bei 89 % liegt. In Deutschland liegen die Füllstände laut Bundesnetzagentur am 24.09.2024 tatsächlich bei 96%, derzeit etwa 10 Prozentpunkte über dem Mittel der Jahre 2017 bis 2021. Laut Bundesnetzagentur muss bis 01. Oktober 2025 ein Speicherfüllstand von 85% erreicht werden, um die Gasversorgung für den kommenden Winter zu sichern - und dieses Ziel wurde bereits im Juli erreicht.Dieser niedrigere Stand hängt jedoch mit dem Jahr 2021 zusammen, als der Füllstand der Speicher zu dieser Jahreszeit nur 72 % betrug. In diesem Jahr begann Russland, die Lieferungen nach Europa einzuschränken, vermutlich in Vorbereitung auf den Krieg und mit dem Versuch, Europa noch abhängiger von seinen Energierohstoffen zu machen. Europa bewältigte das Problem jedoch recht gut, reduzierte den Verbrauch erheblich und diversifizierte die Versorgung, vor allem durch Pipelinegas aus Norwegen und Flüssigerdgas (LNG) aus den USA.
Derzeit scheint Europa vor Beginn der Heizsaison abgesichert zu sein, obwohl die Preise im Vergleich zu den Jahren vor 2021 erhöht erscheinen. Derzeit zahlen Marktteilnehmer etwa 36 EUR für 1 MWh Gas an der Amsterdamer Börse (TTF). Dies ist jedoch fast zehnmal weniger als auf dem Höhepunkt im August 2022. Betrachtet man jedoch die globalen Preise, sehen wir in Europa bereits einen Preisrückgang unter die Lieferpreise für Japan, Korea und China.
USA: Gas-Preise könnten nach Hitzesommer anziehen
Die Lage bei den Speichern in den Vereinigten Staaten ist etwas anders. Ein sehr warmer Herbst und Winter 2023-2024 führten dazu, dass die Speicher am Ende der Heizsaison in diesem Frühjahr 39 % mehr gefüllt waren als der 5-Jahres-Durchschnitt. Während sich die Gasproduktion in diesem Jahr zwischenzeitlich auf Rekordniveau befand, lag der Gaspreis in den USA das ganze Jahr über am Tiefpunkt. Einige Marktteilnehmer erwarteten sogar, dass das Niveau von 1,5 $/MMBTU (Million British Thermal Units), das auf dem Markt äußerst selten vorkommt, nicht der tiefste Punkt der Saison sein würde. Dann kam jedoch der Sommer, in dem der Gasverbrauch aufgrund der Hitze außergewöhnlich hoch war. Es ist zu betonen, dass über 40 % des Stroms in den USA aus Gaskraftwerken stammt, sodass die verstärkte Nutzung von Klimaanlagen auch zu einem erheblichen Gasverbrauch führt.Mehr LNG für Europa?
Die USA sind kürzlich zum weltweit größten Exporteur von verflüssigtem Erdgas (LNG) geworden, mit einem Marktanteil von über 20 %. Allerdings ist zu beachten, dass die USA einen sehr großen Teil des europäischen Marktes übernommen haben, da fast alle Gaslieferungen aus Russland nach Europa eingestellt wurden.Obwohl eine Rückkehr zu Preisen von 15-20 EUR/MWh, die vor 2021 üblich waren, derzeit nicht zu erwarten ist, könnte das neue Exportpotenzial aus Nordamerika die Preise in Europa auf längere Sicht unter 30 EUR/MWh senken. Gleichzeitig bedeutet dies weniger Gas für Nordamerika, es sei denn, die Produktion oder Importe werden erhöht. Theoretisch könnte die vollständige Nutzung der neuen Exportkapazität der USA im nächsten Jahr dazu führen, dass die amerikanischen Gasbestände zu Beginn der Heizsaison 2025 sinken (unter der Annahme, dass sich der Verbrauch, die Produktion und die Importe aus Kanada nicht ändern). In diesem Fall könnte das nächste Jahr den niedrigsten Lagerbestand seit 5 Jahren vor dem Beginn der Heizsaison bringen. In einem solchen Fall sollten die Preise deutlich höher sein als das derzeitige Niveau von 2-3 $/MMBTU. Allerdings könnten höhere Preise in den USA nicht automatisch höhere Preise in Europa bedeuten.
Wetter bleibt wichtigster Faktor für Preisentwicklung
Die Volatilität der Oktober- und November-Futures-Kontrakte in den USA ist normalerweise deutlich erhöht. Der Preis des Oktober-Kontrakts stieg im August um 10 %. Eine ähnliche Situation zeigt sich bei den November-Futures, die seit dem Übergang vom Oktober-Kontrakt bereits um über 10 % gestiegen sind, und der Preis nähert sich der Marke von 3 $/MMBTU. Die Saisonalität des Gasmarktes führt zu großen Unterschieden zwischen den einzelnen Futures-Kontrakten. Derzeit wird der November-Kontrakt bei 2,8 $/MMBTU gehandelt, während der Januar-Kontrakt (der üblicherweise der höchste auf der Futures-Kurve ist) bereits bei 3,6 $/MMBTU gehandelt wird. Der Preis für Januar 2025 spiegelt bereits das wahrscheinlich geringere verfügbare Angebot in den USA wider, da der Kontrakt bei 4,2 $/MMBTU gehandelt wird.Die Situation ist in Europa völlig anders. Das möglicherweise größere verfügbare Angebot in der Zukunft bedeutet, dass die Preise für Futures-Kontrakte ab 2027 Preise unter 30 EUR/MWh anzeigen, obwohl das nächste Jahr relativ stabil bei 36-38 EUR/MWh bleiben sollte.
Konkret bezogen auf Deutschland lässt sich folgendes Bild skizzieren: hier sind die Gaspreise seit Anfang 2024 stabil, für Haushalte lag der durchschnittliche Preis im Februar 2024 bei etwa 10,68 ct/kWh für Einfamilienhäuser (EFH) und 10,23 ct/kWh für Mehrfamilienhäuser (MFH). Dies bedeutet eine deutliche Senkung im Vergleich zum Vorjahr, was auf eine günstigere Beschaffung und Vertriebssituation zurückzuführen ist.
Insgesamt zeigen die Daten, dass die Gaspreise in Deutschland, obwohl sie 2024 gesunken sind, immer noch von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, die sich von den US-amerikanischen Marktbedingungen unterscheiden. So können deutsche Verbraucher zwar mit einer gewissen Volatilität rechnen, aber es scheint durchaus realistisch, dass die Gaspreise hier durch politische Maßnahmen, aber auch den weiter vorangetriebenen Übergang zu erneuerbaren Energien weniger stark ansteigen als die US-Futures es derzeit andeuten.
Unter welchen Bedingungen kann man eine Preiskorrektur bei NATGAS erwarten? Alles wird vom Wetter abhängen. Derzeit deuten die Prognosen nicht auf eine hohe Wahrscheinlichkeit eines strengen Winters hin, was auf einen ähnlich niedrigen Gasverbrauch in den kommenden Monaten hindeuten könnte. Mit dem nächsten Übergang der Futures-Kontrakte in der zweiten Oktoberhälfte könnten die US-Natgas-Preise unter Druck geraten. Obwohl saisonale Trends typischerweise bedeuten, dass die Preise im November ihren Höhepunkt erreichen, deuten die grundlegenden Marktbedingungen auf potenziell deutlich höhere Preise auf mittlere bis lange Sicht hin. Sollte der Erdgasverbrauch während der frühen Heizsaison jedoch gering bleiben, könnten selbst bei relativ niedrigen Preisen im Bereich von etwa 3-3,5 $/MMBTU erhebliche zweistellige Preiskorrekturen erwartet werden.
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