UBP-Kommentar: "Big Tech: Wolken am Horizont?"
Norman Villamin, CIO Wealth Management und Head of Asset Allocation der Schweizer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP)
Big Tech: Wolken am Horizont?
Die großen Technologieunternehmen setzen ihr Wachstum stetig fort und stehen inzwischen für fast 20 % der gesamten US-Marktkapitalisierung. Dies könnte regulatorische, kartellrechtliche und steuerpolitische Maßnahmen hervorrufen. Was dies für Anleger bedeutet, analysiert Norman Villamin, CIO Wealth Management und Head of Asset Allocation der Schweizer Privatbank Union Bancaire Privée (UBP), in seinem aktuellen Kommentar:
"Apple, Amazon, Facebook und Alphabet/Google - die sogenannten "Big Tech-Unternehmen" - machen mittlerweile fast 20 % der gesamten US-Marktkapitalisierung aus. Dies kann dazu führen, dass für diese Unternehmen in Form von Kartellverfahren, verstärkter Regulierung und der Aussicht auf eine nachteilige Steuerpolitik Wolken am Horizont aufziehen.
Eine kartellrechtliche Untersuchung, insbesondere in den Vereinigten Staaten, stellt wahrscheinlich die größte Bedrohung dar. Allerdings lassen Kartell- verfahren aus dem vergangenen Jahrhundert vermuten, dass der Shareholder Value nicht unbedingt beeinträchtigt werden muss.
Auch eine verstärkte behördliche Aufsicht zeichnet sich ab. Allerdings hatte diese im Fall von IBM und Microsoft in den USA die Profitabilität der Unternehmen nicht beeinträchtigt. Regulatorischer Druck wird sich wahrscheinlich als Gegenwind für das Umsatzwachstum bemerkbar machen, da der zunehmende Datenschutz zu mehr Einschränkungen bei der Monetarisierung von Verbraucherdaten führt.
In Europa jedoch könnten Regulierungen entstehen, die potenziell zielgerichteter sind und mittelfristig ein Risiko für Investoren darstellen können. Während die USA typischerweise die Aufspaltung der Unternehmen als Abhilfe anstreben, ist der europäische Ansatz stattdessen, die Ausübung einer Monopolmacht zu regulieren. In Verbindung mit dem Digital Markets Act schlägt die EU den Digital Services Act vor, der den "Gatekeepern", die für die Inhalte auf ihren Plattformen verantwortlich sind, wahrscheinlich zusätzliche Betriebs- und Compliance-Kosten auferlegen würde. Die Regelung würde auch das Risiko erhöhen, dass bei Nichteinhaltung Bußgelder von bis zu 6 % des jährlichen Unternehmensumsatzes verhängt werden. Die vielleicht am stärksten unterschätzte Herausforderung für das "Asset-light"-Geschäftsmodell der Big Tech-Unternehmen wäre eine veränderte Steuerpolitik in den USA und Europa. Die Big Techs repräsentieren nicht nur einen beträchtlichen Anteil der globalen Aktienmarktkapitalisierung, sondern erwirtschaften auch einen erheblichen Anteil der globalen Unternehmensgewinne - und das zu einer Zeit, in der die Regierungen auf der Jagd nach Steuereinnahmen sind, um die globale Pandemie zu bekämpfen. Allerdings scheint mitten in der Pandemie der politische Wille nicht stark genug zu sein, zumindest nicht in den USA, um im Jahr 2021 höhere Steuern einzuführen. Die Aussichten für das Jahr 2022 sind etwas unklarer da höhere Unternehmenssteuern und der globale Mindeststeuersatz der OECD wahrscheinlicher werden könnten.
Für die USA gehen die meisten Beobachter von einer teilweisen Rücknahme der Steuersenkungen von 2017 aus, von denen Technologie- und Kommunikationsunternehmen überproportional profitiert haben. Darüber hinaus gibt es einen Vorschlag, die Steuern auf solche Erträge zu erhöhen, die von ausländischen Tochtergesellschaften von US-Unternehmen durch immaterielle Vermögenswerte wie Patenten, Marken und Urheberrechten erwirtschaftet werden. Dies könnte die Steuerlast von Technologie- und Kommunikationsunternehmen um 350-450 Basispunkte erhöhen. Europa hat versucht, einen globalen Unternehmens- steuerrahmen unter der Schirmherrschaft der OECD zu schaffen. Damit könnten Regierungen die Gewinne aus Verkäufen, die innerhalb ihrer Jurisdiktion stattfinden, besteuern. Die OECD möchte zudem einen globalen Mindeststeuersatz einführen. Dieser soll verhindern, dass Unternehmen Steuerunterschiede zwischen den Staaten ausnutzen, und würde den Steuerwettbewerb zwischen den Ländern unterbinden. Nach Schätzungen der OECD könnten diese Maßnahmen die Unternehmenssteuern um bis zu 100 Mrd. USD oder insgesamt 4 % erhöhen.
Das Geschäftsmodell "move fast and break things" ("Sei schnell und brich Regeln und Gewohnheiten", Mark Zuckerberg) könnte bedroht sein. Dies könnte die Fähigkeit der Big Techs einschränken, durch M&A hohe Wachstumsraten so über den Prognosehorizont aufrecht- zuerhalten, wie es Apple und Microsoft gemacht haben. Die Generierung von hohem freiverfügbarem Cashflow in Kombination mit schuldenfreien Bilanzen ermöglicht es den Unternehmen jedoch, zu investieren und ihre Geschäftsmodelle auf innovationsfokussierte Wachstums- treiber auszurichten sowie gleichzeitig den Shareholder Value über Dividenden und Aktienrückkäufe zu steigern.
Für Investoren wäre es verfrüht, sich wegen dieser Bedrohungen aus dem Big Tech-Bereich zu verabschieden. Ein gewisses Maß an Diversifizierung weg von etablierten Akteuren hin zu Technologien oder Segmenten, die sich in einem früheren Stadium befinden, kann jedoch durchaus eine umsichtige Form des Schutzes darstellen. Gleichzeitig kann dies die Chance bieten, von zukünftigen transformativen Trends zu profitieren, die die Weltwirtschaft umgestalten könnten."
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